von Regula Bühlmann
Frauen haben viele Gründe, zu streiken. Einer davon ist, dass sie für ihre Erwerbsarbeit im Schnitt fast 20 Prozent weniger verdienen als die Männer. Fast die Hälfte dieses Unterschieds ist reine Lohndiskriminierung – dazu mehr im nächsten Newsletter. Die Lohndiskriminierung ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn auch hinter der sogenannt erklärten Lohndifferenz stecken Diskriminierungen. Die öffentliche Diskussion blendet diese aber oft aus. So ist es zwar einleuchtend, dass ein Abteilungsleiter mehr verdient als beispielsweise eine Teamleiterin in seiner Abteilung. Es handelt sich dabei richtigerweise nicht um LOHNdiskriminierung.
Doch es lohnt sich zu fragen, weshalb er zum Abteilungsleiter aufgestiegen und sie Teamleiterin geblieben ist: Haben sich beide beworben, er ist jedoch erfahrener und besser qualifiziert? Hat sie sich vielleicht nach der obligatorischen Schule für eine „frauentypische“ Ausbildung entschieden oder hat der Arbeitgeber dem Kollegen mehr Weiterbildungen ermöglicht? Sind sie gleich qualifiziert, aber er hat zwei, drei Bier mehr mit dem Chef getrunken, während sie die Kinder von der Kita abgeholt hat? Oder traut der Chef ihm trotz gleicher Qualifikation einfach mehr zu als ihr – ein Bauchgefühl eben? Vielleicht hat sie sich aber auch nicht für die Abteilungsleitung beworben, weil sie nicht interessiert ist oder sich den Job nicht zutraut? Vielleicht, weil sie regelmässig zu ihrer pflegebedürftigen Mutter schaut und deshalb keine Kapazitäten hat?
Frauen haben schlechtere Jobaussichten, schlechtere Karrierechancen und schlechtere Löhne, weil sie im Job immer wieder auf Diskriminierungen treffen, die sie ausbremsen: Es sind die Nichteinstellungen oder Nichtbeförderungen von Frauen im sogenannt gebärfähigen Alter. Es sind die Kündigungen, die 10 Prozent der Arbeitnehmerinnen erhalten, wenn sie Mütter werden. Und es ist der Unwille der Arbeitgeber*innen und der bürgerlichen Politik, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Energie und Zeit für die unbezahlte Care-Arbeit lassen. Und es sind dumme Sprüche und sexuelle Belästigungen, die Frauen klein machen und in die Ecke drängen.
Diese Diskriminierungen führen dazu, dass Frauen im Tieflohnbereich über- und bei den hohen Löhnen massiv untervertreten sind: 63 Prozent der Stellen mit Löhnen unter 4000 Franken sind von Frauen besetzt, bei den Stellen mit Löhnen über 16’000 Franken sind es bloss noch 18 Prozent (Lohnstrukturerhebung LSE 2016, BfS). Deshalb wollen wir, dass das Gleichstellungsgesetz kompromisslos umgesetzt wird und Diskriminierungen im Erwerbsleben nicht mehr geduldet sind. Wir wollen, dass Gesamtarbeitsverträge (GAV) in Branchen mit hohem Frauenanteil für faire Arbeitsbedingungen sorgen. Dafür streiken wir am 14. Juni!