von Regula Bühlmann
Frauen haben viele Gründe, um zu streiken. Zum Beispiel, weil Frauen und Männer wöchentlich zwar mit je zirka 47 Stunden gleich viel arbeiten, Frauen jedoch zu zwei Drittel unbezahlt, und Männer zu zwei Drittel bezahlt [1]. Frauen arbeiten also sehr viel häufiger gratis, während Männer für einen viel größeren Teil ihrer Arbeit Geld bekommen. Das hat Folgen: Frauen haben ein kleineres Einkommen, weniger Karriere-Chancen, kleinere Renten und ein erhebliches Armutsrisiko im Falle einer Scheidung.
Es ist ein hoher Preis, den Frauen dafür zahlen, dass sie gesellschaftlich und wirtschaftlich notwendige Arbeit im Wert von jährlich 250 Mia. Franken unbezahlt leisten. Dass diese Arbeit oft als freiwillig bezeichnet wird, ist zynisch: Wer überlässt schon ein kleines Kind sich selbst oder dem Fernseher, wenn die Kita keinen Platz mehr hat? Wer lässt den Schwiegervater im Stich, wenn er nach einer Operation viel zu früh aus dem Spital entlassen wird?
Politik und Wirtschaft verlassen sich darauf, dass Frauen diese Verantwortung übernehmen, und sparen Angebote im (über)lebenswichtigen Care-Bereich weg: Gut ausgebildetes und fair bezahltes Kinderbetreuungspersonal? Mit Praktika ist‘s billiger. Bedarfsgerechte Spitexangebote – zu teuer; genügend lange Spitalaufenthalte – können wir uns nicht leisten. Die Familien werden sich schon irgendwie organisieren, um die Lücken zu füllen.
Und es sind die Frauen, die sich organisieren: Zwar sind 80% von ihnen erwerbstätig. Doch ein volles Pensum lässt meist nicht genügend Zeit, sich auch noch um Mitmenschen zu kümmern: Die heutigen Arbeitsbedingungen stammen aus der Zeit, als der Mann die Familie ernährte und die Frau ihm den Rücken freihielt. Und so arbeiten 59% der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit, 24% in Kleinpensen unter 50 Prozent [2].
Männer haben etwas aufgeholt bei der unbezahlten Arbeit: So leisteten Männer 2016 1,7 Stunden mehr Haus- und Familienarbeit pro Woche als 2010 [3]. Doch wenn Kinder da sind, übernehmen meistens die Frauen (in 74% der Paarhaushalte mit Kindern) und sehr selten die Männer (3%) die Hauptverantwortung für den Haushalt [4]. Das muss sich ändern, das Ziel ist Fifty-Fifty: Frauen und Männer, die sich bezahlte und unbezahlte Arbeit hälftig aufteilen. Beide hätten so die gleiche Möglichkeit, für ihre eigene finanzielle Sicherheit ebenso wie für ihre Mitmenschen zu sorgen.
Deshalb wollen wir,
dass die Vollzeitarbeit kürzer wird und dass Arbeitszeiten planbar sind.
Menschen mit Betreuungspflichten sollen ihr Arbeitspensum vorübergehend
reduzieren und anschließend wieder aufstocken können. Wer kranke Kinder oder
pflegebedürftige Angehörige betreuen muss, soll dafür bezahlte Urlaubstage
beziehen können. Als Teil des Service Publics sollen Betreuungsangebote für Kinder
und Erwachsene für Entlastung sorgen. Und die Männer sollen die Hälfte der
verbleibenden unbezahlten Arbeit übernehmen. Dafür streiken wir am 14. Juni!
[1] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/unbezahlte-arbeit.assetdetail.2967878.html
[2] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/erwerbstaetigkeit-arbeitszeit/erwerbstaetige/vollzeit-teilzeit.assetdetail.7106889.html
[3] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb/unbezahlte-arbeit.assetdetail.2967878.html
[4] https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/erhebungen/efg.assetdetail.2347880.html